Die Dinscheder Brücke schaut auf ihre fast 87 Jahre zurück:

Was wird sie empfunden haben, „unsere alte Dame“, als der Abbruchbagger am heutigen 4.7.2022 mit seinem bärenstarken Meißel, bestückt und mit kräftigen Kneifzangen ausgerüstet, kommen sah?

Ist es ihr so ergangen wie uns Menschen, die wir ja angeblich kurz vor dem Sterben noch einmal im Geist unseren Lebenslauf in Sekunden erleben?

Wenn ja, was wird sie gesehen haben?

Sicherlich hat sie sich noch im Alter von 88 Jahren an ihre Erbauung ab 1933, die am 1. August mit dem Abriss der alten Brücke und der Grundsteinlegung am 14. November begann, gut erinnern können, genauso wie an die feierliche Eröffnung 1935.

Bau der Behelfsbrücke 1933
Abriss der alten Bruchsteinbrücke, die im Jahre 1881 erbaut worden war. Sie hat nur 52 Jahre gehalten, obwohl der Verkehr in diesen Jahren nicht wesentlich zugenommen hat.

Mit Begeisterung schaute sie in den warmen Sommermonaten den Badenden in der, ebenfalls 1933, neu errichteten Badeanstalt auf Höhe des heutigen „Spatzennest“ zu und war traurig, als diese im Jahre 1946 aus hygienischen Gründen von der damaligen Gemeindeverwaltung wieder geschlossen wurde.

Das 1933 erbaute Strandbad am heutigen Segelflugplatz

Nach der Fertigstellung 1935 erlebte die Brücke auch die regelmäßigen Nazi-Umzüge mit Pauken und Trompeten, die sich auf dem Schulhof an der Dinscheder Schule formierten, um von dort in das NSDAP-Vereinslokal Stemann (heute China-Restaurant) machtbesessen zu marschieren. Was wird sie gezittert haben, als am 9. Februar 1945 die Bomben der englischen Jagdflieger in ihrer Nachbarschaft großes Unheil an der Dinscheder Straße verursachten. Was mag sie wohl gedacht haben, als die gleichen Menschen, die sie fast 10 Jahre täglich hin und zurück überquert hatten, dass genau diese Typen das schöne Bauwerk aus Dankbarkeit dafür im April 1945 in die Luft sprengen wollten, um die aus Warstein anrückenden Soldaten bei ihrem Siegeszug, der gleichzeitig unsere Befreiung bedeutete, aufzuhalten? Gott sei Dank richtete die Sprengung, durchgeführt vom “Heimatkommando”, keinen allzu großen Schaden an. “Nach zwei Wochen war das Loch gestopft und die Brücke konnte wieder begangen und befahren werden”, so Schulten “Isi”.

Hat sie sich auch noch daran erinnert, dass der 17-jährige Karl Köster vom Oemberg am 10. April von einem amerikanischen Soldaten erschossen wurde, als er sich, vom Spielen mit Freunden im Klosterwald zurückkehrend, auf dem Heimweg auf Höhe des heutigen Pfarrheims bückte, um sich den Schuh zuzubinden. Beim Wiederaufrichten traf ihn der tödliche Schuss, der von der Dinscheder Brücke aus abgefeuert worden war. Mit 17 Jahren zählt Karl Köster statistisch zu den jüngsten Gefallenen unserer Gemeinde.

Der 17-jährige Karl Köster (Bruder von Bernd) wurde auf dem Oemberg erschossen. Er hatte sich einen Schuh zugebunden, als er sich dann erhob, hat der amerikanische Soldat geglaubt, es wäre ein Widerstandskämpfer und hat ihn getroffen. Er starb etwa eine Stunde danach im Missionshaus, wo man ihn ins vorhandene Lazarett gebracht hatte.

Neben diesen scheußlichen Erfahrungen hat unsere Dinscheder Brücke eigentlich nur Gutes erlebt! Jeden Morgen hat sie sich gefreut, wenn Männer und Frauen eiligst zu ihren Arbeitsplätzen in den Stuhlfabriken, in Wildshausen bei der Zellstofffabrik zu Fuß oder mit dem Fahrrad eilten, oder zum Bahnhof, um mit der Bahn ihre Arbeit in Arnsberg oder Neheim zu erreichen. Fröhlich beobachtete sie jeden Werktag, mit Ausnahme der Ferien, die Schulkinder, die morgens, mal mehr, mal weniger eilig zur Schule gingen oder gegen Mittag wieder nach Hause „bummelten“. Immer wieder schaute sie rüber zum Büdeken von Pöttges „Schiddi“, wo morgens schon vereinzelt Heimkehrer von der Nachtschicht ein Bierchen im Vorbeigeh´n tranken, aber auch, wenn die Kinder sich mit Waffelbruch und anderen Süßigkeiten eindeckten.

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Traurig waren die Kinder und auch die Dinscheder Brücke, als im Mai 2005 das ihnen so vertraute und beliebte “Büdeken” abgerissen wurde. Wird sie damals schon mal daran gedacht haben, dass ihr dieses Schicksal auch irgendwann bevorstehen würde?

Zig Jahre erfreute sie sich an dem herrlichen Bild, wenn Schwester Celsa mit 10 bis 15 Kindern im Schlepptau zum Kindergarten auf den Oemberg über die Brücke ging und mittags wieder zurück nach Hause. Und es tat ihr richtig gut, wenn die Kinder innehielten und durch das Geländer ein Holzstückchen oder ein gebasteltes Papierschiffchen in die Ruhr warfen und es solange wie es sichtbar war, mit den Augen verfolgten.

Schwerlastverkehr gab es damals nur sehr selten. Im Herbst und Winter konnte man fast täglich zuschauen, wenn die schweren Langholz-Fuhrwerke von den Bauern Koßmann (Loins), Weber (Vollmers), Kochs Hännes und Schmidts Bauer auf Höhe von Möbel Kraas begannen, ihre schweren Ackergäule in den Laufschritt zu treiben, damit die Gespanne mit den schweren Buchenstämmen den Anstieg zur Brücke hoch schafften, um diese zu den Oeventroper Stuhlfabriken zur weiteren Verarbeitung zu bringen.

Die Langholzgespanne nach der Beladung auf dem Lattenberg. v.l.: Albert Koßmann, Heinz-Wilhelm Schürmann (Gastwirt) , Reinhold Schmidt und Josef Weber (Almbauer)

Franz Kraas (Rentemester) auf der Dinscheder Straße

In den damals noch sehr kalten Wintermonaten freute sich die Dinscheder Brücke über die zum Teil bis zu 30 schlittschuhlaufenden Kinder auf der „Eiswiese“ hinter Schößkes Albert seinem Haushaltswarengeschäft, oberhalb der Brücke auf der Glösinger Seite, (etwa hinter Pielsticker), rechts des Weges zum Flugplatz. Die Wiese war dort, etwa in der Größe eines Tennisplatzes ca. 10-20 cm ausgeschachtet. Der ausgehobene Boden war als kleiner Damm um die Fläche aufgeschichtet worden; so war ein kleiner Teich entstanden, der von der Ruhr gefüllt wurde. Der Teich diente der Oeventroper Brauerei zur Eisgewinnung. War er zugefroren, wurde das Eis in Stücke gesägt und in dem kalten Bunker an der B7 eingelagert, um im Sommer damit das Faßbier bei Feiern zu kühlen. Wenn kein Eis “geerntet” wurde, war der zugefrorene kleine See eine ganz tolle Eislauffläche für die Kinder. Fälschlicherweise hat die INO die Fläche vor der Dinscheder Grundschule in „Eiswiese“ umbenannt; das ist völlig falsch, dort wurde niemals Eis erstellt!!! das sind „Steins Wiesen“!

Und dann sind da noch die die unzähligen Hochfeste, die die Brücke, sozusagen aus der ersten Reihe all die Jahre mittendrin, statt nur dabei, erleben konnte. Die Silvesterböllerei war rundum für sie immer ein ganz besonderes Schauspiel. Bei den damals, noch 6 (sechs) Karnevalsveranstaltungen lauschte sie den hervorragenden Büttenreden von Seidels Franz, Kösters Liese, Lilly Grönegreß und Klauken Carola, Reiters Hildegard und Hellebergs Elisabeth, den 3 Wolf-Mädels, Dr. Kutnar, den “Dinscheder Rangern” und vielen, viele anderen heimischen Akteuren, und sie hätte so gerne mit geschunkelt, wenn Röttgers Willi seine Karnevalslieder präsentierte; Tränen liefen ihr über die Backen wenn sie das herrliche Lied von den Dinscheder Schützen hörte, wie gerne wäre sie Mitglied geworden, doch niemals wurde ihr ein Aufnahmeformular vorgelegt, dabei ist sie die Einzige, die ganz stolz den Ortsteil in ihrem Namen „Dinscheder Brücke“ trägt, so weit hat es noch kein Dinscheder gebracht!

Wenn Heimatsänger Willi Röttger sein populäres Dinscheder Kompanielied: “Vor vielen, vielen Jahren….” schmetterte, dann standen der Dinscheder Brücke die Tränen in den Augen!

Nach der Fastenzeit freute sie sich schon immer auf Ostern, endlich konnte sie sich nach den kalten Wintern an den Osterfeuern mal wieder so richtig aufwärmen.

Seit zig Jahren hatte die Dinscheder Brücke einen Tribünenplatz beim Aufbau und Abbrennen des Osterfeuers

Bei den Feuerwerken, die mitunter nach dem Osterfeuer oder in der “Nacht der Lichter” gezündet wurden, stellte sich die Brücke gerne als Tribüne zur Verfügung und sie erfreute sich, genau wie die vielen Menschen, an den bunten Farbenspiel über der Brück.

Feuerwerk in der “Nacht der Lichter”
Der schönste Tag für sie war immer der Abend der “Nacht der Lichter”, wenn sie mit brennenden Fackeln illuminiert und so richtig in Szene gesetzt wurde.
Zahlreiche Zuschauer verfolgten von der mit Fackeln illuminierten Dinscheder Brücke aus das grandiose Feuerwerk.

Als die Segelflieger Ende der 50iger Jahre ihren Flugplatz mit dem Spatzennest eröffneten, boten sich für „unsere alte Dame“ völlig neue Möglichkeiten der Unterhaltung. Nur die LSC-ler können die Frage beantworten, wie viele Starts und Landungen die Brücke aus unmittelbarer Nähe in den letzten 6 Jahrzehnten aus nächster Nähe miterlebt hat; Insider sprechen von 35-40.000.  Gerne sah sie die Segelflugzeug im Landeanflug auf sie zukommen und es wurde ihr nicht Angst und Bange dabei, wie im Februar 1945!

Traumatisch wurde es für sie dann doch noch einmal und zwar am 11. Mai 1961. Ein Großflugtag des LSC war angesagt, eingeladen war auch die, in Bitburg stationierte amerikanische Düsenjäger-Kunstflugstaffel “the Skyblazer”. Abertausende von Zuschauern waren zum Segelflugplatz gekommen und auf den Höhenwegen rund um Oeventrop waren weitere tausende Zuschauer aufgereiht wie auf einer Perlenschnur. Als 16-Jähriger war ich natürlich wahnsinnig gespannt auf das, was uns für ca. ¼ Stunde versprochen worden war. Gegen 14 Uhr war es dann so weit. Immer und immer wieder zeigten die 4 Skyblazer-Piloten ihre Kunststücke und mehrfach donnerten sie im engen Formationsflug über das Ruhrtal. Simuliert wurde mehrfach das Durchbrechen der Schallmauer mit dem obligatorischen, ohrenbetäubendem Knall. Ihre Kunststücke am Himmel waren atemberaubend!

Das Plakat zum damaligen Flugtag an Christi-Himmelfahrt

Die Kunstflugstaffel bestand aus 4 Akteuren und einem Kommandanten, der immer in weiter Ferne zu beobachten war und den Piloten Anweisungen gab.

Ein Hochfest für die Brücke war auch stets das alljährliche Reitturnier in den Oeren. Sie bewunderte die Fahrkünste der Reiter und Reiterinnen beim Rangieren der Gespanne direkt vor ihrer Nase genauso, wie die späteren tollen Leistungen im Dressurviereck oder im Springparcours.

An den Schützenfesttagen wurde die Dinscheder Brücke von morgens bis nachts stark in Anspruch genommen. Gerade das Marschieren im Gleichschritt ist für Brückenbauwerke eine starke Belastung, daher freute sie sich immer, wenn die Kompanieführer beim Betreten lautstark meldeten: „Ohne Tritt, Marsch“, eine Erleichterung, die sie immer dankbar annahm. Gerne sah sie auch dem Treiben auf dem Rummeplplatz zu und erfreute sich an der Fröhlichkeit der Kinder, die sich dort vergnügten.

Ob sie sich auch noch daran erinnert hat, dass die Glösinger Schützen 1970 nicht den Weg über die Brücke, sondern durch die Ruhr genommen haben? Der Grund war ein Gelöbnis ihres Kompanieführers Heinrich Spindelndreher. Der damalige Kapellmeister Walter Wiedemann „Wälla“ erlöste die Glösinger nach einem neunjährigen Königstrauma. 1961 hatte Willi Mensch als letzter Glösinger die Königswürde errungen. „Nöllns Heini“, wie der Kompanieführer von seinen Freunden genannt wurde, hatte gelobt, dass man durch die Ruhr marschieren würde, wenn mal wieder ein Glösinger den Vogel von der Stange holen würde. Wiedemanns „Wälla“ tat allen Glösingern den Gefallen. Lediglich “Schmucks Rölli” mußte den Verlust seiner Halbschuhe beklagen.

Irrtümlich aber marschierten 1972 die Glösinger in Holzschuhen 2 Jahre zu früh über die Brücke. Ihr Kompanieführer hatte höchstpersönlich den Kaufhauskönig Josef Neckermann angeschrieben und um eine Spende gebeten, die aber nicht erfolgte. Bei Kramers „Pfeffer“ wurden 80 oder 90 Paar Holzschuhe bestellt, die der damalige Kassierer und spätere Kompanieführer Hubert Pietz zum Schützenfest herbei schaffen musste. „Nöllns Heini“ hatte dies aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums der Kompanien angeordnet. Später stellte sich aber heraus, dass die Kompanien erst 1924 gegründet worden waren.

Bereitwillig nahm die Dinscheder Brücke auch die vielen ZuschauerInnen bei den Festzügen auf ihren Bürgersteigen auf, war aber auch sehr froh, als man ihr 1987 eine Holzbrücke für Radfahrer und Fußgänger zur Entlastung flussabwärts zu Seite stellte.

Unzählige Festumzüge hat sie über die Ruhr getragen, besonders die damals mehrfach stattfindenden Musikfeste, zu denen 15 oder 20 befreundete Blaskapellen in die Ruhrdörfer kamen, um mit unserem heimischen Musikverein ein großes Fest für alle Musikfreunde an mehreren Tagen feierte. Mit klingendem Spiel überquerten die vielen Gäste die Ruhr und jede Kapelle bot der „Dinscheder“ einen anderen Marsch zum Besten. Diese Feste und die jährlichen Fronleichnamsprozessionen, an der in den Nachkriegsjahren über tausende Christen teilnahmen, waren Highlights, wie sie in dieser Art wohl nie mehr vorkommen werden.

Unvergessen bleiben für sie auch die Umzüge in der Nachkriegszeit wie z.B. 1948 der Handwerkerumzug, der von der Oeventroper Kolpingsfamilie zum 50-jährigen Bestehen veranstaltet wurde oder der vermutlich, vom Musikverein veranstaltete große Karnevalsumzug durch die drei Ruhrdörfer im Jahre 1953 und der 1958 von den Bauern inszenierte Erntedankfestzug im Herbst.

Erntedank-Festzug 1958. Er folgte auf einen total verregneten Sommer. Einige Bauern hatten Öfen auf ihren Wagen, in denen sie das mistnasse Heu verbrannten. Es qualmte entsetzlich. Die GRÜNEN hätten ihre wahre Freude daran gehabt ;-), wenn es sie schon gegeben hätte.

Ab den 90er Jahren erfreute sie sich immer an den Karnevalsumzügen der Haupt- und Grundschule, in den letzten Jahren ihres Daseins gab es dann nur noch einen Umzug der Grundschule, da die Hauptschule geschlossen wurde.


Trauerzug im Ortsteil Oeventrop

Bis etwa 1970 wurden die Verstorbenen in Oeventrop in ihrer Wohnung aufgebahrt. Der Trauerzug fand dann zwei oder drei Tage später von zu Haus aus statt. Auf dem Weg zur Kirche mußten die Trauerzüge aus Dinschede und Glösingen die Dinscheder Brücke passieren. War der Verstorbene Mitglied des Musikvereins, dann war es für die Musikkapelle eine Ehrensache, dem Verstorbenen zu Ehren am offenen Grab sein Lieblingslied zu spielen. Wenn dann “Im schönsten Wiesengrunde” oder das Lied vom “Gute Kameraden” erklang, dann lief es der Brücke eiskalt über den Rücken und sie dachte darüber nach, wie oft der Verstorbene wohl mit ihrer Hilfe die Ruhr überquert haben mag. Nicht sehr schicklich fand sie es, dass sich die Musikkapelle nach der Beerdigung vor “Kohlen Bauerdick” zur Kapelle formierte und mit “Alte Kameraden” über die Brücke nach “Orgelmacher” (Gasthof Dicke) einmarschierte, um dort, in alter Tradition, das “Fell zu versaufen”! Meistens erinnerte sie sich aber dann daran, das der Verstorbene selber, dieses Prozedere viele Male mitgemacht hatte und sie lächelte milde.

Der Leichenwagen wurde schon vor dem 2. Weltkrieg von Miesen “Bemmel” mit den eigenen Pferden gezogen. Er war der Vater von Miesen Willibald “Bubi”, der 1959 seine Pferde verkaufte und seine Landwirtschaft mit einem UNIMOG bewirtschaftete. Sein Nachfolger wurde Josef Becker von der Heide, der den Leichenwagen von 1959-1963 steuerte. Sein Nachfolger wurde Heiner Niggemann. Als dem 1967, nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich “die Gäule durchgingen”, wurden ab sofort keine Beerdigungen mehr von zuhause aus durchgeführt. Nachdem 1958 die Leichenhalle auf dem Oemberg gebaut worden war, gingen die Beerdigungen vom Wohnhaus sowieso schon immer mehr zurück.

Der tollste Festzug in der 88jährigen Geschichte der Dinscheder Brücke

Der absolute Höhepunkt in ihrer 87-jährigen Geschichte war aber unumstritten das Kreisschützenfest 2011. Es hatte nach dem 2. Weltkrieg zuvor schon zwei Kreisschützenfeste in Oeventrop gegeben, das von 2011 sprengte aber alle bisherigen Grenzen. Das ganze Dorf wurde “auf Vordermann” gebracht. Unzählige Fahnenmasten schmückten die Brücke und das Veranstaltungsgelände, direkt zu ihren Füßen. Schon Wochen vorher konnte sie beobachten, dass bis zu 200 Schützenbrüder sich zu einer verschworenen Arbeitsgemeinschaft zusammen gefunden hatten, um den erwarteten, über 5000 Gästen ein beeindruckendes Bild zu bieten. Auswärtige Schützenbrüder waren völlig aus dem Häuschen über das Ambiente, welches die Dinscheder Ruhrbrücke und der Festplatz mit seinem gewaltigen Festzelt den Gästen aus dem Altkreis Arnsberg zu bieten hatten.

Sehnsüchtig schaute sie zu dem riesigen Festzelt, im dem mehrere tausend Schützenbrüder aus dem Schützenkreis Arnsberg versammelt waren.

Wie gerne wäre sie dabei gewesen, um mit den heimischen Schützenbrüdern den Oeventroper Schützenkönig Markus Schmidt gebührend zu feiern

Das Ende bahnte sich schon seit Jahren an

Wenn die Menschen das Rentenalter erreichen, spüren sie morgens häufig sämtliche Knochen: „sie haben Rücken“! Auch unsere Brücke hatte „Rücken“ und das schon seit einigen Jahren. Schuld daran ist der starke Schwerlastverkehr, aber auch die unzähligen PKW´s, die die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h nicht akzeptierten! Ja, auch in Oeventrop gibt es Wutbürger, Querdenker und Ignoranten, die sich nicht an die Vorschriften halten wollten. Durch die überhöhten Geschwindigkeiten übertragen sich starke Schwingungen auf die Brückenpfeiler, was ein kontinuierliches, wenn auch langsames Absinken der Pfeiler in das Ruhrbett zur Folge hatte. Der Betreiber versuchte dann, durch das Aufstellen von Fahrbahnbegrenzungen, Einfluss auf die Geschwindigkeit zu nehmen, zu der man freiwillig nicht bereit war. Diese Maßnahme brachte nicht den erwünschten Erfolg; nun kam das Verbot für Fahrzeuge über 3,5 t hinzu, was aber genauso ignoriert wurde, wie die Geschwindigkeitsbegrenzung. Hunderte von Holztransportern benutzten in den letzten 12 Monaten trotzdem die Brücke, ohne sich an das Verbot zu halten. Letzte Maßnahme war dann das Anbringen von Schranken, die die Fahrbahn auf 2.10 m reduzierte. Wir alle wissen was jeden zweiten oder dritten Tag passierte, die Schranken wurden von LKW´S und Paketdiensten, die über 2,10 m bereit sind, hemmungslos fast regelmäßig abgerissen wurden; vermutlich wurde auch zigfach Fahrerflucht begangen, ich weiß es nicht, vermute es aber stark. Immer wieder wurde die Brücke in den letzten Monaten auf ihre Sicherheit überprüft. Immer wieder wurden Gipsmarken angebracht, um evtl. Bewegungen der Brückenteile beobachten zu können. Wir sind noch mal mit einem blauen Auge davon gekommen, eine Vollsperrung wurde mehrfach in Erwähnung gezogen.

Immer wieder fuhren verbotener Weise LKW´s und Kleintransporter über die Brücke und rissen, gefühltermaßen, dabei jeden zweiten Tag die Schranke ab.

Wenn man bedenkt, wie dramatisch der Straßenverkehr von 1933 bis heute zugenommen hat, dann grenzt es schon an ein Wunder, dass die Dinscheder Brücke dies fast ohne Murren und Knurren fast neun Jahrzehnte ertragen hat, die letzten 7 Jahre aber haben ihr aber den Rest gegeben.

Nun warten wir alle auf das neue Bauwerk! Hoffentlich ist es so schön, wehrhaft und tapfer, wie unsere „alte Dame“!

Franz-Josef Molitor

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